Zur Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit auf Baustellen greift seit dem Jahre 1999 die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen. Diese hat zum Ziel, die Sicherheit für alle am Bauprojekt Beteiligten zu verbessern und jederzeit die Gesundheit aller sicherzustellen bzw. zu schützen. Auf diese Weise sollen vorbeugend Unfälle vermieden werden. Immerhin handelt es sich bei einer Baustelle um einen besonderen Gefahrenbereich, der Aufenthalt in diesem bedeutet für alle bedeutende Risiken. Fehlende Brüstungen, herumliegende Werkzeuge oder Metallteile, nicht isolierte Stromkabel – die Liste ist lang, die Gefahr einer schweren Verletzung entsprechend hoch. Daher gehört die Verordnung zu einer der wichtigsten Maßnahmen für eine sichere Baustelle.
Was ist ein SiGe-Plan?
"SiGe-Plan" steht als Abkürzung für den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan. Dieser enthält Vorschriften und Informationen für ein sicheres Arbeitsumfeld auf der Baustelle. Mit anderen Worten: Alle im Bereich der Bauarbeiten Anwesenden haben auf einen Blick schnellen Zugriff auf die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen, um einen sicheren Bauablauf zu gewährleisten.
Weiterhin muss der SiGe-Plan bereits vor dem Baubeginn erstellt werden, das sieht die Verordnung so vor. Ferner müssen weitere Parameter eingehalten werden, um allen immer die aktuellen Informationen zur Verfügung zu stellen. Der gut sichtbare Aushang auf der Baustelle gewährleistet, dass alle Personen sich zu jedem Zeitpunkt über die Sicherheitsbestimmungen informieren können. Zusätzlich ist gesetzlich vorgeschrieben, dass der SiGe-Plan laufend aktualisiert wird, sobald es Änderungen beim Bauprojekt gibt.
Rechtliche Grundlagen und Gesetze des SiGe-Plans
In Deutschland und in Österreich gibt es verschiedene rechtliche Grundlagen und Gesetze zur Erstellung des SiGe-Plans. In Deutschland findet sich die eigentliche rechtliche Grundlage in der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz (Baustellenverordnung, BaustellV), herausgegeben am 10.Juni 1998. Laut Paragraph 1 Absatz 1 dient "diese Verordnung der wesentlichen Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf Baustellen". In den folgenden Paragraphen 2 bis 4 werden die Richtlinien zur Planung, Koordination und Beauftragung festgelegt. Die Paragraphen 5 bis 6 regeln die Pflichten der Arbeitgeber und sonstiger Personen. Bauherr:innen als erste Verantwortliche bzw. beauftragte Koordinator:innen müssen in der Planungsphase eines Bauprojekts einen SiGe-Plan gemäß Paragraph 3 Absatz 2 und 3 ausarbeiten.
Die Baustellenverordnung schafft aber nur den gesetzlichen Rahmen, die Inhalte des SiGe-Plans definieren die Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB) im Abschnitt 31. In dieser werden u.a. folgende Punkte geklärt:
• Anwendungsbereich
• Anforderungen:
o Allgemeines
o Inhaltliche Mindestanforderungen
o Inhaltliche Empfehlungen
o Form
• Leitfaden zur Erstellung von Sicherheits- und Gesundheitsschutzplänen
In Österreich sind dagegen alle Regelungen zum SiGe-Plan im Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) vom 1.Januar 2002 in Paragraph 7 zu finden. Hier sind sowohl die gesetzlichen Grundlagen als auch die Inhalte zusammengefasst.
Anforderungen an den SiGe-Plan
In der Regel zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB 31) werden sowohl inhaltliche Mindestanforderungen als auch inhaltliche Empfehlungen aufgeführt. Manche übertreffen die Anforderungen der Baustellenverordnung.
Damit ergeben sich folgende Mindestanforderungen an den SiGe-Plan: die Angabe von
• Arbeitsabläufen
• Gefährdungen
• Räumlicher und zeitlicher Zuordnung der Arbeitsabläufe
• Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung der Gefährdungen
• Umsetzung der Arbeitsschutzbedingungen
Zusätzlich wird die Aufnahme weiterer Inhalte in den SiGe-Plan empfohlen. Dazu gehören die Angabe von
• Vorgesehenen bzw. beauftragten Unternehmern
• Gefährdungen Dritter
• Terminen
• Informations- und Arbeitsmaterialien zum Arbeits- und Gesundheitsschutz
• Mitgeltenden Unterlagen
• Ausschreibungstexten
Wie wird ein SiGe-Plan erstellt?
Zunächst einmal sind bereits in der Planungsphase folgende Dokumente zur Erstellung erforderlich:
• Lageplan
• Bauzeichnungen
• Leitungsführungspläne
• Baubeschreibung
• Bauzeitenplan
• Gutachten
• Entwurfsunterlage Bau (EW-Bau, nur bei öffentlichen Bauprojekten)
Die Erstellung des SiGe-Plans ist als zweistufiger Prozess zu verstehen, auch wenn in vielen Fällen noch immer die erste Stufe (in der Planungsphase) übersprungen wird. Obwohl die Baustellenverordnung ein präventives Vorgehen fordert, fehlt bisher die rechtliche Verbindlichkeit. Dennoch sollte im Sinne einer optimalen Umsetzung der Forderungen der BaustellV der Zweistufenplan bei der Erstellung des SiGe-Plans angewandt werden:
Stufe 1: Der Rahmen-SiGe-Plan
In diesem soll der Sicherheits-Gesundheits-Koordinator (SiGeKo) zunächst festlegen, in welchem Rahmen die Beteiligten ihre Sicherheitsaufgaben erfüllen müssen. Dazu wird zuerst das Gefährdungspotenzial ermittelt, damit auf dieser Basis anschließend die geeigneten Maßnahmen getroffen werden können. Dazu gehören:
• Art der Sicherheitsvorkehrungen
• Informationen an alle Baufirmen zur Kalkulation der Arbeiten
• Geschätzter Zeitaufwand für die Bauleistungen
• Verminderung der Risiken durch zeitliche Trennung bestimmter Leistungen
Eine frühzeitige Zusammenarbeit mit der Bauleitung ermöglicht, mit einem optimierten Bauablauf das Gefährdungspotenzial zu minimieren, ohne dass sich Nachteile beim Bauzeitenplan und Fertigstellungstermin ergeben. Dies ist aber nur möglich, wenn der SiGe-Plan bereits in der Planungsphase projektiert wird und nicht erst in der Ausführungsphase, wie oft in der Praxis üblich.
Stufe 2: Der SiGe-Plan in der Ausführungsphase
Während der gesamten Ausführungsphase des Bauprojekts läuft die zweite Stufe des SiGe-Plans. In dieser werden Soll- und Ist-Zustand der Sicherheitsplanung laufend miteinander abgeglichen und eventuelle Änderungen oder Fehleinschätzungen der Gefährdungspotenziale korrigiert. In der Stufe 2 steht die Koordination der Informationen und Sicherheitsmaßnahmen im Vordergrund.
Wann braucht man einen SiGe-Plan?
Es gibt eine Liste mit Kriterien, wann man einen SiGe-Plan braucht. Vorweg folgende Information: Auf Kleinbaustellen ist kein SiGe-Plan vorgeschrieben. Voraussetzung ist allerdings, dass nur Arbeitnehmer:innen eines Arbeitgebers am Bauprojekt beteiligt sind. Bauherr:innen haben dennoch die Verpflichtung, Auftragnehmer:innen ausführlich über besondere Risiken auf der Baustelle zu unterrichten.
Spätestens wenn das Bauprojekt einen größeren Umfang annimmt oder besonders gefährliche Arbeiten anstehen, ist jedoch die Erstellung eines SiGe-Plans verpflichtend vorgeschrieben. In Paragraph 2 Absatz 1 bis 4 der Baustellenverordnung werden folgende Projekteigenschaften an die Bedingung eines SiGe-Plans geknüpft:
• Der Umfang der Arbeiten überschreitet 500 Personentage.
• Die voraussichtliche Dauer des Bauvorhabens beträgt mehr als 30 Tage und es sind mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig.
• Es sind Beschäftigte mehrerer Auftragnehmer:innen tätig und eine Vorankündigung über den Baubeginn ist obligatorisch.
• Es sind Beschäftigte mehrerer Auftragnehmer:innen tätig und es sind besonders gefährliche Arbeiten gemäß Anhang II der BaustellV durchzuführen. Im Anhang werden z.B. aufgeführt:
o Tunnelbauarbeiten
o Arbeiten in der Nähe von Hochspannungsleitungen
o Exposition an biologische, explosive oder ionisierende Stoffe
o Ertrinkungsgefahr
Der SiGe-Plan muss erstellt werden, wenn eine oder mehrere der obenstehenden Kriterien zutreffen.
Was muss ein SiGe-Plan enthalten?
Auch wenn die BaustellV bei Bauprojekten, die einen SiGe-Plan benötigen, dessen Erstellung vorschreibt, so sind die Inhalte an anderer Stelle zu finden. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin definiert in den Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB 31) die Inhalte des SiGe-Plans. Er unterscheidet zwischen inhaltlichen Mindestanforderungen und inhaltlichen Empfehlungen. Folgende Grundelemente muss ein SiGe-Plan enthalten:
• Alle für das Bauprojekt notwendigen Arbeitsabläufe, gegliedert nach Gewerken, z.B. nach VOB Teil C.
• Gewerksbezogene Gefährdungen, z.B. Absturzgefahr bei Dachdeckungsarbeiten.
• Gewerksübergreifende Gefährdungen, z.B. gegenseitige Gefährdung bei Schweißarbeiten, Emissionen oder Gefährdung Dritter.
• Räumliche und zeitliche Zuordnung der Arbeitsabläufe, um Überschneidungen und die damit verbundene Risikoerhöhung für andere Gewerke darzustellen.
• Festlegung und Dokumentation aller Maßnahmen, die zur Vermeidung bzw. Verringerung der zuvor ermittelten Gefährdungen dienen, wie z.B. der korrekte Umgang mit gemeinsam genutzten Einrichtungen. Bei der Auswahl sind alle gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse und insbesondere die Allgemeinen Grundsätze nach Paragraph 4 des Arbeitsschutzgesetzes anzuwenden.
• Gemäß BaustellV Paragraph 2 Absatz 3 muss der SiGe-Plan "die für die betreffende Baustelle anzuwendenden Arbeitsschutzbestimmungen erkennen lassen und besondere Maßnahmen für die besonders gefährlichen Arbeiten nach Anhang II enthalten".
Weitere oben unter "Anforderungen an den SiGe-Plan" bereits genannte inhaltliche Empfehlungen sind Angaben zu beauftragten Unternehmern, Gefährdungen Dritter, wichtigen Terminen, Informations- und Arbeitsmaterialien zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, Ausschreibungstexten und mitgeltenden Unterlagen.
Wer erstellt den SiGe-Plan?
Als erste Verantwortliche für die Sicherheit auf Baustellen sind die Bauherr:innen zu nennen. So fallen u.a. die Baustellenabsicherung, die Informations- und Absicherungspflicht angrenzender Nachbarn und der Abschluss entsprechender Bauversicherungen unter ihre Verantwortung. Im Prinzip gilt das gleiche auch für die korrekte Anwendung aller sicherheitsrelevanten Bestimmungen auf der Baustelle, also auch für die Erstellung des SiGe-Plans. Da allerdings Bauherr:innen nur im Ausnahmefall über die notwendigen Fachkenntnisse verfügen, übertragen sie in der Regel die Verantwortung an einen externen Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo). Dies kann ein speziell ausgebildeter, externer Fachmann sein. Immer öfter übernehmen inzwischen Architekt:innen und Planer:innen diese Aufgabe selbst, dazu müssen sie sich aber zuvor als SiGeKo qualifizieren.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Bestellung eines externen SiGeKos wirkt sich preistreibend auf die Projektkosten aus. Als Fachleute kommen neben Architekt:innen auch Bauingenieur:innen, Projektsteuer:innen, Sicherheitsingenieur:innen oder sogar der TÜV selbst in Frage. Werden mit dem Bauprojekt beauftragte Architekt:innen mit der Erstellung des SiGe-Plans verpflichtet, wirkt sich das durch Synergieeffekte mit der restlichen Planung meist positiv auf den Gesamtpreis aus. Dadurch gewinnen Architekt:innen und Bauherr:innen gleichermaßen.
Wie setzt man einen SiGe-Plan am besten durch?
Einen SiGe-Plan setzt man am besten durch, indem die Zugänglichkeit für alle auf der Baustelle Anwesenden erleichtert wird. Zunächst ist in der Planungsphase zwar die korrekte Erstellung nach RAB 31 wichtig, aber der beste Sicherheitsplan nützt danach wenig, wenn er nicht von allen Beteiligten einfach zu finden und zu verstehen ist. Daher sollte der SiGeKo sicherstellen, dass der Aushang an einer gut sichtbaren Stelle stattfindet. Außerdem ist es von großer Bedeutung, dass der SiGe-Plan, wie vorgeschrieben, konstant aktualisiert wird, um alle Beteiligten für geänderte oder erhöhte Gefährdungspotenziale zu sensibilisieren.
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