Der Gemeinkostenfaktor stellt für Architektur- und Planungsbüros eine ganz wesentliche Größe zur korrekten Kalkulation der Stundensätze von Mitarbeitern dar. Umso verwunderlicher war daher das Ergebnis einer Umfrage der Bundesarchitektenkammer aus dem Jahre 2020, wonach etwa 75 Prozent der Planer:innen nicht den Gemeinkostenfaktor ihres Büros kennen. Dabei ist nur mit seiner Hilfe eine wirtschaftliche Berechnung des operativen Projektgeschäfts möglich.
Was ist der Gemeinkostenfaktor?
Der Gemeinkostenfaktor ist einer der sieben wichtigen Werte, die unter dem Begriff "PeP-7-Kennzahlen" im modernen Controlling von Planungsbüros Auskunft über die Wirtschaftlichkeit des Büros geben. Dem Gemeinkostenfaktor kommt dabei besondere Bedeutung zu, da er das Verhältnis der gesamten Kosten eines Büros zu den Einzelkosten eines Projekts darstellt. Auf diese Weise können die tatsächlichen Projektkosten analysiert und ein realistischer Stundensatz ermittelt werden.
Seit Einführung der PeP-7-Kennzahlen durch den Verein "Praxisinitiative erfolgreiches Planungsbüro e.V." im Jahre 2005 haben Architekt:innen endlich eine einheitlich definierte Grundlage zur Berechnung der jeweiligen projektbezogenen Honorare an die Hand bekommen. Auch wenn vorher bereits verschiedene Modelle von Kennzahlen existierten, fehlte in der Regel eine einheitliche Definition. Daher konnten sie nicht zum neutralen Vergleich mit weiteren Mitbewerbern dienen.
Warum ist der Gemeinkostenfaktor wichtig?
Die Berücksichtigung aller PeP-7-Kennzahlen ist natürlich notwendig für ein erfolgreiches Projekt-Controlling. Dennoch nimmt der Gemeinkostenfaktor eine Sonderstellung ein. Während nämlich die meisten Kennzahlen eher strategischen Charakter haben und insofern in längeren Zeiträumen betrachtet werden, um eine allgemeine wirtschaftliche Entwicklungsstrategie für das Planungsbüro zu realisieren, besteht beim Gemeinkostenfaktor ein direkter Bezug zu den einzelnen Projekten. Warum?
Der Gemeinkostenfaktor beziffert alle die Kosten, welche nicht zu den direkten Projektkosten gehören. Während letztere sich im Allgemeinen gut kalkulieren und im Laufe der Vorplanungs- und Planungsphase feststellen lassen, repräsentieren die Gemeinkosten alle Kosten, die sich nicht unmittelbar auf ein Projekt anrechnen lassen. Dennoch sind es Kosten, die real anfallen und insofern bei allen Kostenvoranschlägen berücksichtigt werden müssen, damit das Planungsbüro kostendeckend betrieben wird.
Wie berechnet man den Gemeinkostenfaktor?
Unter den PeP-7-Kennzahlen ist der Gemeinkostenfaktor die Kennzahl 6. Den Gemeinkostenfaktor berechnet man nach einer bestimmten Formel, welche zunächst das Verhältnis der Gemeinkosten zu den Einzelkosten ermittelt. Zu den Einzelkosten gehören beispielsweise die direkt dem Projekt zuordenbaren Personalkosten. Danach lässt sich mit Hilfe dieses Faktors der konkrete Stundensatz eines Mitarbeiters kalkulieren. Dieser Stundensatz bildet dann wiederum die Grundlage für die Ermittlung der erforderlichen Projekthonorare. Damit ein Planungsbüro wirtschaftlich arbeitet, muss die sogenannte Auskömmlichkeit der Honorare sichergestellt werden.
Schritt für Schritt wird der Gemeinkostenfaktor folgendermaßen berechnet:
Gemeinkostenfaktor = Gesamtkosten / Einzelkosten
Anschließend lässt sich der Stundensatz eines Mitarbeiters anhand folgender Formel berechnen:
(Jahresgehalt x Gemeinkostenfaktor) / Jahresstunden = Stundensatz
Berechnungsbeispiel Gemeinkostenfaktor
Wie sieht nun die Berechnung in der Praxis aus? Anhand von Beispielen soll dies verdeutlicht werden.
Beispiel:
Gesamtkosten des Planungsbüros pro Jahr: 400.000,- EUR
Einzelkosten des Planungsbüros pro Jahr: 150.000,- EUR
Gemeinkostenfaktor: 2,67
Jahresgehalt des Mitarbeiters: 40.000,- EUR
Jahresstunden: 2000
(40.000,- EUR x 2,67) / 2000 = 53,40 EUR
Das Ergebnis wird Vollkostenstundensatz genannt, aufgeteilt in Teilkostenstundensatz (also eigentlicher nominaler Stundensatz Ihres Mitarbeiters) multipliziert mit dem Gemeinkostenfaktor. Es ist sehr wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass der ermittelte Vollkostenstundensatz, in diesem Fall 53,40 EUR, zunächst nur das notwendige individuelle Honorar zur Kostendeckung repräsentiert. Mit anderen Worten: Der Unternehmergewinn ist damit noch nicht inkludiert. Wenn die Zielrendite beispielsweise 10 Prozent beträgt, muss der Stundensatz noch mit dem Faktor 1,10 multipliziert werden:
Vollkostenstundensatz 53,40 EUR x 1,10 = 58,74 EUR
Des Weiteren muss noch ein Wagniszuschlag einkalkuliert werden, der auch etwa 10 Prozent betragen sollte. Daher würde in diesem Fall der endgültige
Vollkostenstundensatz 53,40 EUR x 1,20 = 64,08 EUR
betragen. Auf diese Weise lassen sich mit unserer Controlling Software schnell und effizient projektbezogen die externen Verrechnungspreise jedes beteiligten Mitarbeiters berechnen.
Gemeinkostenfaktor vs. Projektkosten
Für ein näheres Verständnis der Kostenkalkulation in einem Planungsbüro ist es notwendig, sich den genauen Unterschied zwischen Gemeinkosten und Projektkosten klar zu machen. Während Planer:innen im Allgemeinen dank ihrer Erfahrung routiniert die projektbezogenen Einzelkosten, kurz Projektkosten, kalkulieren können, fällt es der Mehrzahl der Architekt:innen und Ingenieur:innen schwer, auch bei den Gemeinkosten den Überblick zu behalten. Diese entstehen unabhängig vom jeweiligen Bauprojekt. Sehr oft werden sie grob überschlagen oder im schlimmsten Fall schlicht vergessen. Dies kann nach kurzer Zeit die Zahlungsunfähigkeit des Planungsbüros zur Folge haben.
Daher müssen in einem professionellen Controlling folgende Aspekte der Gemeinkosten berücksichtigt werden:
• Büromiete mit Nebenkosten
• Betriebliche Kosten für EDV und Software
• Versicherungen
• Steuern
• Reparaturen
• Allgemeine, nicht projektbezogene Reisekosten
• Fahrzeugkosten
• Personal Urlaubstage
• Personal Krankheitstage
• Personal Weiterbildung
• Personal extern (Raumpflege, Informatiker, Sicherheit etc.)
In Anbetracht der Komplexität der Kostengruppen empfiehlt sich für ein fehlerfreies Controlling eine entsprechende Software-Lösung, in der sich alle Kosten eines Planungsbüros effizient und zeitsparend überwachen lassen.
Wie kalkuliere ich die Mitarbeiter-Stundensätze für mein Planungsbüro?
Um einen kostendeckenden Betrieb eines Planungsbüros zu gewährleisten, müssen also die Mitarbeiter-Stundensätze eines Planungsbüros korrekt kalkuliert werden. Das ist umso wichtiger, da der Posten Personalkosten den Großteil der anfallenden Gesamtkosten eines Planungsbüros darstellt. Dazu muss wie gesagt der effektive Stundensatz jedes Mitarbeiters ermittelt werden. Es reicht dazu nicht, das Bruttogehalt durch die theoretisch erreichbaren Stunden zu teilen. Vielmehr muss die produktive Arbeitszeit berücksichtigt werden, am einfachsten mit einer Controlling-Software, die automatisiert Wochenenden, Feiertage, Urlaubs- und Krankzeiten abzieht. Daher ist die anrechenbare Stundenzahl in jedem Monat verschieden.
Nur wenn zunächst der so entsprechend berechnete Vollkostenstundensatz, im obigen Beispiel 53,40 EUR, als Basis zur Verfügung steht, können Architekt:innen anschließend unter Berücksichtigung von den erforderlichen Zuschlägen von Gewinn und Wagnis den endgültigen externen Verrechnungssatz für den Kostenvoranschlag eines jeden Projektes ermitteln. In der Regel sollte der Gesamtzuschlag den Wert von 20 Prozent nicht unterschreiten.
Einflussfaktoren auf den Gemeinkostenfaktor
Verschiedene Faktoren können einen spürbaren Einfluss auf den Gemeinkostenfaktor haben. Unter anderem spielt die Bürogröße eine Rolle: Es lässt sich bei zunehmender Mitarbeiterzahl bis zu 50 ein konstanter Anstieg des Gemeinkostenfaktors festzustellen, während er bei Büros über 50 Mitarbeitern wieder abnimmt.
Weiterhin wirkt sich der Projektumfang auf den Gemeinkostenfaktor aus: Während bei mittleren bis großen Projekten der Gemeinkostenfaktor genau bestimmt werden muss, ist es denkbar, dass bei vielen kleinen Projekten die genaue Zuordnung der für jedes Projekt aufgewandten Arbeitszeit einen überproportionalen Administrationsaufwand darstellt, der letztlich den Anteil der unproduktiven, nicht projektbezogenen Arbeitsstunden erhöhen würde. In diesem Fall wäre die exakte Ermittlung der Gemeinkosten für einzelne Mitarbeiter also alles andere als sinnvoll.
Selbstverständlich spielen auch regionale Besonderheiten eine Rolle. Im Zentrum einer Großstadt sind zweifellos nahezu alle Gemeinkosten wie Miete, Versicherung, Personalkosten und Parkgebühren wesentlich höher als in einer Kleinstadt oder im ländlichen Bereich. Daher hätte der Gemeinkostenfaktor einen höheren Wert.
Optimierung des Project-Controllings mit Compa
Die korrekte Ermittlung der Gesamtkosten eines Planungsbüros hat enorme Bedeutung für die wirtschaftliche Auskömmlichkeit. Es ist weder sinnvoll noch mit vertretbarem Zeitaufwand machbar, Einzel- und Gemeinkosten für jedes Projekt von Hand zu berechnen. Professionelle, digitale Tools wie die Controlling-Software von Compa unterstützen durch automatisierte Abläufe Architekt:innen bei der täglichen Arbeit und helfen zuverlässig, Kalkulationsfehler zu vermeiden. Sie ermöglicht eine übersichtliche Darstellung der Einnahmen und Ausgaben für die kontinuierliche Kontrolle der Profitabilität des Planungsbüros.
Schließe dich den 2.000+ der innovativsten Deutschen Architekturbüros an und nutze Compa als single-source-of-truth für Projektkosten.
browserbasiert - ohne Installation auf MacOS und Windows arbeiten