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ÖNORM Bau: die wichtigsten Regelungen erklärt

Ferdinand Witt-Dörring
Ferdinand Witt-Dörring
11/2023
Inhalte

In Österreich entsprechen ÖNORMEN den deutschen DIN-Normen (eine davon ist die bekannte DIN 276). Sie sind für ArchitektInnen unverzichtbare Werkzeuge, um Projekte erfolgreich umzusetzen und rechtliche Konflikte zu vermeiden. In diesem Blogartikel geben wir einen Überblick über die wichtigsten ÖNORMEN im Bauwesen und erklären die relevanten Regelungen.

Was ist eine ÖNORM?

Die ÖNORM bzw. ÖNORMEN sind nationale Normen in Österreich. Sie dienen als Leitlinien und definieren technische Standards, die bei verschiedenen Anwendungen, wie beispielsweise beim Bauen, einzuhalten sind. Die Veröffentlichung dieser Normen obliegt Austrian Standards International, einer privaten Organisation, die sich auf die Umsetzung des aktuellen Standes der Technik als Normen spezialisiert hat. Interessenten können die Normen direkt von der Website der Organisation herunterladen.

ÖNORMEN tragen zur Schaffung einer einheitlichen und zuverlässigen Basis bei, auf der in Österreich Produkte und Dienstleistungen entwickelt, geprüft und umgesetzt werden können. Sie sind daher von großer Bedeutung für Unternehmen, Fachkräfte und Verbraucher in verschiedenen Branchen.

Ist eine ÖNORM verpflichtend?

Eine ÖNORM ist in der Regel nicht verpflichtend, es sei denn, sie wurde in einem Gesetz, einer Verordnung oder einem Vertrag ausdrücklich vorgeschrieben oder vereinbart. Allerdings kann die Einhaltung von ÖNORMEN in vielen Fällen eine wichtige Rolle spielen, beispielsweise im Bereich der öffentlichen Ausschreibungen für Bau- und Infrastrukturprojekte. In diesen Fällen können ÖNORMEN als Anforderungen oder Qualifikationen in den Ausschreibungsunterlagen enthalten sein, und Bieter, die diese Anforderungen nicht erfüllen, können von der Teilnahme an der Ausschreibung ausgeschlossen werden.

Warum sind ÖNORMEN im Bau wichtig?

ÖNORMEN spielen im Bauwesen eine wichtige Rolle, da sie eine einheitliche Basis für die Planung, Ausführung und Bewertung von Bauleistungen schaffen.

  • Einheitliche Standards: ÖNORMEN definieren einheitliche Standards und Anforderungen für Bauprodukte und Bauleistungen. Dadurch wird sichergestellt, dass alle beteiligten Parteien dieselben Erwartungen und Anforderungen haben und die Qualität und Sicherheit von Bauleistungen gewährleistet ist.
  • Gesetzliche Anforderungen: In vielen Fällen werden ÖNORMEN in Gesetzen oder Verordnungen zitiert oder als Mindestanforderungen für bestimmte Arten von Bauvorhaben vorgeschrieben. Daher ist es für Bauunternehmen und Fachkräfte wichtig, diese Standards zu kennen und einzuhalten, um gesetzliche Vorgaben zu erfüllen.
  • Bessere Planung und Ausführung: Durch die Verwendung von ÖNORMEN können Fehler und Probleme bei der Planung und Ausführung von Bauleistungen vermieden werden. Diese Normen dienen als Leitfaden für die korrekte Ausführung von Bauarbeiten und können dazu beitragen, die Qualität und Zuverlässigkeit von Bauprojekten zu verbessern.
  • Rechtliche Absicherung: Durch die Einhaltung von ÖNORMEN können Bauunternehmen und Fachkräfte ihre Arbeit rechtlich absichern. Wenn es bei der Durchführung von Bauleistungen zu Problemen kommt, können die Normen als Nachweis für eine korrekte Ausführung und Einhaltung von Standards dienen.

Geltungsbereich der ÖNORM

Der Geltungsbereich einer ÖNORM hängt von ihrem Inhalt ab. Jede ÖNORM beschreibt in ihrem Titel und ihrer Einleitung ihren Geltungsbereich und ihre Anwendungsbereiche. Einige ÖNORMEN gelten nur in bestimmten Branchen oder für bestimmte Anwendungen. Andere wiederum können allgemeinere Anwendungen haben und in vielen Branchen und Bereichen eingesetzt werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Einhaltung einer ÖNORM in der Regel freiwillig ist, es sei denn, sie wurde durch Gesetze, Verordnungen oder Verträge verbindlich vorgeschrieben. Dennoch kann die Einhaltung von ÖNORMEN in vielen Fällen als bewährte Praxis betrachtet werden, um Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

Die wichtigsten ÖNORMEN im Bau

Die nationalen österreichischen ÖNORMEN werden in verschiedene Normengruppen eingeteilt, die jeweils mit einem Buchstaben gekennzeichnet werden. Die Normengruppe B bezieht die Normen die das Bauwesen betrifft. Zu den wichtigsten ÖNORMEN für die Baubranche zählen:

  • ÖNORM B 2110: Allgemeine Vertragsbedingungen für Bauleistungen - Diese Werkvertragsnorm legt die Grundlage für Bauverträge fest und definiert die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien sowie die Grundsätze, die bei der Durchführung von Bauleistungen zu beachten sind.
  • ÖNORM B 2111: Allgemeine Vertragsbedingungen für Bauleistungen im Hochbau - Diese Norm ergänzt die ÖNORM B 2110 und definiert spezifische Vertragsbedingungen für Bauleistungen im Hochbau.
  • ÖNORM B 2120: Mindesterfordernisse für einen Bauträgervertrag - Diese Norm legt die Mindestanforderungen an einen Bauträgervertrag fest, um eine klare und rechtssichere Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Bauträger und Käufer zu schaffen.
  • ÖNORM B 5350: Maße und Anforderungen für Türschlösser - Diese Norm definiert die Maße und Anforderungen für Türschlösser, um eine hohe Sicherheit und Funktionalität zu gewährleisten.
  • ÖNORM B 5335: Einbau und Montage von Türen - Diese Norm gibt Anweisungen für den fachgerechten Einbau und die Montage von Türen, um eine hohe Qualität und Langlebigkeit zu erreichen.
  • ÖNORM B 6410: Verarbeitung von Außenwand-Wärmedämm-Verbundsystemen (WDVS) - Diese Norm definiert die Anforderungen an die Verarbeitung von WDVS, um eine effektive Wärmedämmung und ein hohes Qualitätsniveau zu gewährleisten.
  • ÖNORM B 1300: Grundlagen und Checklisten für die Objektsicherheitsprüfung von Wohngebäuden - Diese Norm bietet eine strukturierte Anleitung für die Objektsicherheitsprüfung von Wohngebäuden, um mögliche Gefahren zu identifizieren und zu minimieren.
  • ÖNORM EN 1717: Allgemeine Anforderungen zum Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen - Diese Norm legt die Anforderungen für den Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen fest, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen.
  • ÖNORM B 1600: Planungsgrundlagen für barrierefreies Bauen - Diese Norm definiert die Planungsgrundlagen für barrierefreies Bauen, um eine uneingeschränkte Zugänglichkeit und Nutzung von Gebäuden für alle zu gewährleisten.
  • ÖNORM B 4000: Bautechnik - Diese Norm definiert die technischen Regeln und Anforderungen für Bauleistungen im Hochbau und Tiefbau und ist eine wichtige Referenz für Fachleute im Bauwesen.

ÖNORM B 2110: Allgemeine Vertragsbestimmungen für Bauleistungen

Die ÖNORM B 2110 ist wahrscheinlich die meist verwendete Norm im Bauwesen und umfasst allgemein gehaltene Vertragsbestimmungen für Bauleistungen und Leistungen der Haustechnik. Die Norm wird dann Vertragsbestandteil im Rahmen der allgemeinen Geschäftsbedingungen, sofern sich die Vertragsparteien darauf geeinigt haben. Die ÖNORM B 2110 hat den großen Vorteil, dass viele Grundsatzfragen bereits geregelt sind. Ein Blick in die Norm zeigt, dass verschiedene Abschnitte den genauen Anwendungsbereich definieren und wertvolle Checklisten und Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Ausschreibung bereitstellen. Vertragsbestandteile werden konkretisiert, um eine präzise Vereinbarung zu ermöglichen.

Die Norm befasst sich mit der Leistung und Baudurchführung, definiert eine Prüf- und Warnpflicht und regelt die Folgen von Leistungsabweichungen. Grundlegende Vereinbarungen zu Preisen und zur anschließenden Rechnungslegung erleichtern die buchhalterischen Überlegungen, während Leitlinien zu Zahlungen und deren Sicherstellung zusätzliche Sicherheit bieten. Auch Gewährleistung und Schadensersatz sind geregelt und decken sich zum Teil mit den rechtlichen Bestimmungen.

ÖNORM B 2120: Mindesterfordernisse für einen Bauträgervertrag

Die ÖNORM B 2120 definiert die Mindesterfordernisse für einen Bauträgervertrag. Sie legt die grundlegenden Bestimmungen fest, die bei einem Bauträgervertrag zwischen einem Bauträger und einem Käufer zu beachten sind. Die Norm umfasst verschiedene Aspekte, darunter die allgemeinen Vertragsbedingungen, die Leistungsbeschreibung, die Vergütung, die Haftung und die Gewährleistung. Sie legt auch die Anforderungen an die Einhaltung von Terminen, Qualität, Sicherheit und Umweltschutz fest. Wie schon öfter erwähnt: Auch die Geltung der ÖNORM B 2120 ist nicht automatisch gegeben, sondern muss ausdrücklich im Vertrag festgelegt werden.

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